Anton Hysén, 20 Jahre alt, schwedischer Profifußballer. Schwul.
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Bild via FotbollsExpressen |
Offen schwul sogar. Zumindest seit heute.
Heute erhielten die ersten Abonennten der schwedischen Fußballzeitschrift OFFSIDE, bereits ihr Exemplar, das ab dem 15. März im Fachhandel erhältlich ist. Doch schon jetzt geht die Titelstory umher: "Var fan är alla andra?" - Wo zur Hölle sind alle anderen?
Eine gute Frage, die sich Anton da stellt.
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Bild via Offside |
Der Schwede ist auf jeden Fall in eine Fußballerfamilie hineingeboren worden: Sein Vater Glenn Hysén war Nationalspieler, zweimalig Schwedens Fußballer des Jahres und zudem beim AC Florenz und FC Liverpool aktiv. Auch seine beiden Brüder Alexander und Tobias sind ebenfalls Profifußballer (letzterer sogar Nationalspieler).
Anton selbst spielt beim schwedischen Viertligisten Utsiktens BK.
Doch er galt als großes Talent, war in der U-17-Nationalmannschaft und erhielt einen Lehrlingsvertrag beim BK Häcken aus Göteborg, der in Schwedens höchster Liga, der Fotbollsallsvenskan, spielt. Doch mehrere Verletzungen zwangen den 20-jährigen seine Karriere etwas zu drosseln.
Nun die große Nachricht: Anton Hysén ist schwul. Er outet sich als einer der Wenigen oder vielmehr noch: Als einer der Ersten!
Der sichere Tod in diesem Business sollte man meinen. Dass Anton sich gegebenenfalls seinen Weg auf der Karriereleiter verbaut hat, scheint ihm egal zu sein; sein trockener Kommentar dazu:
"Det finns folk som inte klarar av homosexuella. Och det finns rasister som inte klarar av invandrare. En klubb kanske är interesserad av mig, men så får tränaren reda på att jag är bög och så ändrar de sig. Men då är det deras problem, inte mitt. (Es gibt Leute, die kommen nicht mit Homosexuellen klar. Und es gibt Rassisten, die kommen nicht mit Einwanderern klar. Ein Club kann Interesse an mir haben, doch dann findet der Trainer heraus, dass ich schwul bin und ändert seine Meinung. Aber dann ist das deren Problem, nicht meines.)"
Immerhin jemand, der Farbe bekennt, könnte man meinen. Der zum Vorbild für andere werden könnte. Er selbst bereut diesen Schritt auf jeden Fall nicht, es war ihm eine "Herzensangelegenheit".
"Jag är fotbollsspelare. Och homosexuell. Om jag presterar som fotbollsspelare, då tror jag inte att det spelar någon roll om jag gillar tjejer eller killar. (Ich bin Fußballspieler. Und homosexuell. Wenn ich meinen Job als Fußballspieler mache, dann weiß ich, dass es keine Rolle spielt, ob ich Mädchen oder Jungen mag.)"
Diese Meinung scheinen auch Kollegen zu teilen, denn nach seinem Outing begrüßten sowohl Profi-Kicker als auch Experten und Kommentatoren diesen gewagten Schritt. Dass sich trotzdem etwas ändern wird, ist auch Hysén junior bewusst:
Jag fattar att det kommer bli annorlunda efter den här intervjun. Nu kommer alla att veta: alla tränare, alla motståndare, ja, till och med mina lagkamrater. [...]. Folk får kalla mig vad de vill, det kommer bara göra mig ännu mer taggad. (Ich weiß, dass es anders sein wird nach diesem Interview. Nun wird es jeder wissen: alle Trainer, alle Gegner, ja, sogar meine Teamkollegen. [...] Die Leute können mich nennen wie sie wollen, das spornt mich nur noch mehr an.)"
Nun, seinem Trainer wird es nichts ausmachen. Es ist sein Vater.
Und der unterstützte seinen Sohn seit jeher, ebenso wie die Entscheidung dessen Homosexualität publik zu machen. Nun wird auch verständlich, welchen tieferen Sinn es hatte, als Glenn Hysén 2007 bei der Gay Pride in Stockholm in der Eröffnungsrede unter anderem fragte:
"Hur lätt är det egentligen för en 16-årig fotbollskille att komma ut som bög inför sina lagkamrater? (Wie einfach ist es wirklich für einen 16-jährigen Fußballer, sich vor seinen Teamkollegen als schwul zu outen?)"
Was keiner wusste: Er bezog sich auf seinen jüngsten Sohn, der sich erst ein paar Monate zuvor vor seiner Familie outete. Die Frage an sich ist - wie ich finde - beinahe rhetorisch. Erst recht in diesem Alter dürften einem da Hohn und Spott vermutlich nur so entgegenkommen. Ein Glück für den jungen Hysén kann man dann nur sagen, dass er eine so tolerante Familie hat. Ich kenne mich mit Schweden jetzt nicht sonderlich gut aus, doch kann ich mir eine offene Mentalität des Volks im Norden durchaus vorstellen. Vielleicht liegt es auch daran, dass Anton den Schritt wagte, um ein Zeichen zu setzen; auch für Fußballer in anderen Ländern.
Ich mag eigentlich gar nicht daran denken, was im deutschen Fußball los wäre, würde ein Spieler der Bundesliga den Mut aufbringen, sich zu outen. Der pöbelnde Proll auf seiner Couch würde zumindest nicht wissen, wohin mit sich und seinem Unverständnis. Urteile ich zu hart? Ich glaube kaum.
Durchaus positiv fiel mir hier Manuel Neuer auf, Torwart bei Schalke 04 und in der Nationalmannschaft, der im Interview mit der Zeischrift Bunte freiheraus meinte:
"Wer schwul ist, sollte sich outen. Da fällt doch eine Last ab. Auch die Fans werden sich schnell daran gewöhnen. Wichtig ist die Leistung."
In einem Punkt sind sich der Manuel und der Anton zwar einig - die Leistung zähle nunmal! - doch ich glaube, dass es sich unser Herr Neuer etwas zu einfach vorstellt, was die Fußballfans anbelangt. Was meint ihr?
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Bild via Eurosport |
Andere Profisportler haben sich zwar auch geoutet, wie etwa der walisische Rugby-Nationalheld Gareth Thomas oder der englische Cricket-Spieler Steve Davies, doch nur eben kein Fußballer. Vielleicht kommt mit Anton Hysén ja ein kleine Änderung ... oder immerhin ein Umdenken. Denn letzten Endes zählt doch wirklich nur die Leistung, oder?
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