When the world is ending, I'm throwing the party

Cobra Starship - The City Is At War

Was wäre, wenn heute tatsächlich die Welt untergeht? Sie hätte es heute ja tun sollen. Der süße christliche Fanatiker und Wannabe-Prophet Harold Camping hat uns das zumindest versprochen und uns so richtig heiß darauf gemacht. Da freut man sich auf etwas und dann das. Ja, eben: Nichts! Wär auch zu cool gewesen. Arschloch. Ist jetzt schon das zweite Mal, dass der so ‘nen Bockmist verzapft. Und macht damit auch noch satt Schotter. Na ja, aber irgendwo sind die Menschen, die dran glauben, ja schon selber schuld.

Ich als bekennender Hardcore-Atheist und Hobby-Religionskritiker und –verabscheuer, kann dem ganzen Tohuwabohu ohnehin nichts abgewinnen. Dennoch hatte das schon so einen lustigen Reiz, ein wenig Spannung beinahe: Geht die Welt unter? Wenn ja, was geschieht?

Doch Dingdong, da schlägt auch schon unerbittlich die Kirchenglocke und reißt uns aus unserem Sinnieren und Bangen … nur damit man feststellen kann, dass einfach alles beim Alten ist. Bravo! Die dummen Gesichter der christlichen Fanatiker und Fundamentalisten würde ich jetzt gerne mal sehen. Jene, die auf die Rapture warteten, die Entrückung. Ein paar Menschen sollten gen Himmel emporsteigen, oder zumindest verschwinden, ins Paradies. Aber lediglich 3% der Weltbevölkerung. Wär ja öde, wenn jeder so ein VIP-Ticket ins Himmelreich erhalten würde, wo kämen wir denn da hin? Sind ja keine Rubbellose für 1,50€! Diese One-way-Tickets to Paradise sind allein den guten Menschen vorbehalten, zu Lebzeit gut auf Erden und tralala. Kennt man ja. Die, die vorgesorgt haben: Einen Halter fürs Haustier, wenn man nicht mehr da ist bei einer Firma beordern (gibt’s anscheinend wirklich!), schonmal Hab und Gut verscherbeln oder verwahrlosen lassen. Im Paradies ist sowieso alles all-inclusive, also wozu noch Geld? Erstmal in Kampagnen zur Aufklärung stecken: „Bereuet! Das Ende naht!“

Selbst ich wurde vor Kurzem mehr oder weniger Zeuge einer solchen Dummheit: Am Aasee in Münster wandelte eine kanarienvogelgelb gekleidete Frau auf und ab und versuchte Menschen einzureden, dass die Erde bald untergeht und man vorsorgen müsse. Hab’s leider nicht selbst erlebt, nur aus Erzählung, doch die Frau sah ich von Weitem. Irgendwann schien sie Interessenten gefunden zu haben, denn sie setzte sich zu Menschen auf eine Bank und blieb dort. Sie schien hartnäckig. Schade, dass sie nicht mit mir geredet hat, ich hätte schon die rechten Fragen zu stellen gewusst. Aber wozu der Aufwand? Mal angenommen es gibt Himmel und Hölle, dann bin ich mir schon sicher, dass in letzterer ein extra heißes Feuerchen für mich brennt! Da unten tummeln sich vermutlich eh die Hipster.

Doch zurück zum Thema: Dumme Gesichter. Die gibt’s jetzt sicherlich zuhauf. Denn ich fühle mich noch recht lebendig; nicht unbedingt als wäre ich im Himmel, aber Qualen muss ich grad auch nicht erleiden. Mir geht’s genauso, wie vor 18 Uhr. Aber vielleicht geht es auch um 18 Uhr in einer der zahlreichen us-amerikanischen Zeitzonen? Denn daher kommt ja der gute Herr Camping; der olle Tunichtgut.

Dann bliebe ja sogar noch etwas Zeit bis Schluss ist mit lustig. Also die Frage: Was tun, in den letzten Momenten? Würde die Not selbst mich beten lehren?

Würde ich ausrasten, auf die Straße rennen? Mich nackt ausziehen, mit Farbe übergießen und auf dem Boden rumrollen? Irgendwo einbrechen? All den Kram essen, den ich sonst nur ab und zu zu mir nahm, der Figur wegen; sprich mich so richtig ordentlich vollstopfen? Würd ich noch flott ein paar Sexdates klar machen? Würd ich einen Menschen töten, weil’s dann eh egal wäre und man tun und lassen kann, was man will? Oder würde ich mich mit einem Perserkater und in einem roten Morgenmantel in einen Ohrensessel setzen und ein Buch lesen bei einem schönen Glas Moët & Chandon? Mal ordentlich was gönnen?

Was würde man tun, wenn ernsthaft die Welt untergeht? Vielleicht doch einfach zu seiner Familie fahren und ein paar letzte Lieder singen? Familienalben anschauen, lachen, weinen?

Mit den beschissenen Nachbarn, die man eh nie wirklich mochte ‘ne fette Weltuntergangsparty schmeißen und alle, wirklich alle einladen und krankes Zeugs bis zur Besinnungslosigkeit zu sich nehmen? Oder gar von allem etwas? Aber was, wenn man seine Lieben besuchen will und gar nicht mehr die Zeit dafür hat, alle zu sehen?  Solche Gedanken machen irgendwie traurig.

Vielleicht ist einem am großen Ende auch alles egal und man verzeiht den Exfreunden und Exfreundinnen und sowieso allen Menschen, die man ätzend fand oder mit denen man Streit hatte. Und am Ende vielleicht wirklich nur noch Exzess. Ich stell’s mir cool vor. Tschüss Welt, wir stoßen nochmal auf dich an, war ‘ne schöne Zeit!

Vermutlich wird’s so sein, wie bei den Leuten die sagen: „Auf meiner Beerdigung sollen sie lachen und tanzen!“, und am Ende heulen sie sowieso alle Rotz und Wasser.

Blöd wär’s eigentlich nur, wenn die Menschen tatsächlich ausrasten und dann passiert wieder nichts und nächstes Jahr irren sich sogar die Mayas. Und falls es tatsächlich nächstes Jahr geschieht, so können wir immerhin schon mal Pläne für den jüngsten Tag erstellen, damit man eine ungefähre Vorstellung hat wann, wie und wo? Schade wär’s allein um die Weihnachtsgeschenke.

In diesem Sinne,

Felix

xx

You know last night might have been
The final party of the 21st century
The oceans are black
And tonight we execute the unpleasant truth